Donnerstag, 3. April 2014

Der Winter geht.....langsam.

 

Ende des Winterschlafes

 

Lange hat es gedauert, doch jetzt möchte ich endlich mit meinem Blog fortfahren. Meine Finger kribbeln und schon geht's los.

Was ist alles so passiert?

Der Winter ist passiert.

Und ich kann euch sagen, reisen ist bei -20°C und weniger einfach nicht mein Ding. So entschloss ich mich in Montreal zu bleiben. Es gab Tage da lagen die Temperaturen bei -30°C, addiert man dann noch den Wind kann es sich draußen schon mal wie -40°C anfühlen. Jeder Schritt vor die Tür wird auf Dringlichkeit und Not auf's Genauste untersucht. 

Einen Tag habe ich meine Mütze Zuhause vergessen. Danach, nie wieder. 

Das Kondenswassers deines Atems gefriert in Sekunden und klebt dann zwischen Oberlippe und Schal. Der Wind zieht in jede kleinste Spalte und schon wird alles mit Frostteilchen überdeckt. So werden schwarz getuschte Wimpern ganz schnell weiß. Als Europäer habe ich alles völlig unterschätzt. Hier laufen nur die Dümmsten im Winter noch mit Sneakers rum.


Außerdem habe ich seit Dezember angefangen französisch zu lernen. Im Gegensatz zum Westen Kanadas, ist Quebec frankophon, das bedeutet Amtssprache: Französisch. Um in einem Land arbeiten zu koennen muss man natuerlich die Sprache koennen oder wenigsten ein Basiswissen besitzen. Also hieß es für mich erst einmal Vokabel lernen.


Die meisten Leute, die ich hier kennen gelernt habe kommen aus Frankreich, wo man genau so wie für Deutschland eine Reise und Arbeitserlaubnis für ein Jahr erhalten kann.


Quebec wird in diesem Moment sozusagen von Franzosen überschwemmt. 

Warum?

Wie ihr wahrscheinlich alle wisst hat man so gut wie keine Zukunft in Frankreich und so entscheiden sich diejenigen, die einer der wenigen Visa  bekommen nach Quebec zu gehen um hier zu arbeiten. Manche bleiben nur ein Jahr Andere für immer.

Was hält Quebec davon?

Das Land freut sich über jeden frankophonen Ankömmling, der die französische Sprache unterstützt. Montreal ist zwar frankophon, doch ein großer Teil der Bevölkerung ist englischsprachiger Herkunft. Somit lebe ich in einer bilingualen Stadt. Wobei die französische Sprache immer einen Vorrang besitzt. So ist es zum Beispiel illegal Produkte, die nicht auf französisch beschriftet wurden, zu verkaufen. Viele Studenten kommen nach Montreal und können nur englisch, was der Politik und vielen Quebecoise nicht gefällt, die ihre Kultur und Sprache erhalten wollen.

Das quebecoise Französisch unterscheidet sich erheblich vom europäischen Französisch. Man kann sagen es ist in etwa so, als ob jemand das schweitzer Deutsch mit Hochdeutsch vergleicht. Durch den staendigen Kontakt zur anglophonen Sprache, benutzen viele Quebecoise Woerter wie "anyway" oder "bye". In diesem Punkt besitzt man eine erhebliche Freiheit der Sprache.



Auf der anderen Seite habe ich hier zu schätzen gelernt, dass ich in Deutschland eine Zukunft habe. Wenn ich mit Franzosen über das Reisen rede, wird mir oft klar, dass ich meine Entscheidung nach Kanada zu gehen mehr als Luxus empfinde. Schließlich entschieden sich die meisten Franzosen, aus Verzweiflung und nicht als Lust auf Reisen, für das Verlassen ihres Landes. Viele erhoffen sich in Quebec eine Zukunft, das heißt ein Jobangebot, das ihren Aufenthalt verlängern könnte und damit ein Leben im Osten Kanadas.

Bekannte sprechen von abgeschlossenen Studiengängen und erfolglosen Jobsuchen, die zu dem Entschluss führten über den großen Teich zu fliegen. Manche haben das Glück und finden hier einen Beruf in ihrer Branche und andere arbeiten hinter der Kasse. Egal was sie machen, sie sind einfach froh, dass sie sich ihr Leben, unabhängig von jeglicher staatlichen Hilfe, gestalten können. 

Nun zu meiner Erfahrung in ein Land zu ziehen ohne jegliche Sprachkenntnisse.

Wie oft hört man in Deutschland den Satz: "Lern unsere Sprache!" ? Dieser Satz  ist leider auch hier seit meinem Aufenthalt nicht zu kurz gekommen. 

Nach meiner Entscheidung länger in Montreal zu bleiben musste ich natürlich einen Job finden, denn 

kein Geld =  kein Essen + keine Wohnung + kein Metropass  + kein Handyguthaben. 

Einen Job ohne jegliche Sprachkenntnisse zu finden ist kein leichtes Unterfangen. Doch schließlich hatte ich Erfolg und bin glücklich in einem Bioladen zu arbeiten und damit meine Miete zahlen zu können. Der erste Monat war sehr anstrengend. Ich meine ich arbeite an der Kasse  und konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal auf französisch zählen. Doch nach zwei Wochen bemerkte ich schon die ersten Erfolge und im Moment fange ich an kleine Konversationen zu führen. Manche  Quebecoise, die einen besonderen Wert auf die Bewahrung der französischen Sprache legen, hören es nicht gerne, wenn jemand nur englisch spricht. So kam es auch schon ein paar mal vor, dass Kunden wütend den Laden verließen. 

Doch möchte ich diese Erfahrung nicht missen wollen, denn durch sie habe ich eine ganz andere Sicht auf das Reisen bekommen. 

Das Wort "Reisen" also "to travel" stammt aus dem französischem Wort "travail", was übersetzt "arbeiten" bedeutet und wenn ich so überlege ist reisen auch nichts anderes als arbeiten. Es ist anstrengend und es hängt von einem selbst ab, ob man es packt. Wie so alle Sachen im Leben ist der Wille ein wichtiger Bestandteil des Erfolges. 

Außerdem habe ich durch dieses Erlebnis einen kleinen Einblick in die Situation meiner Eltern erhalten, die im Jahre 1993, ich war gerade 3 Monate alt, von Kasachstan nach Deutschland kamen, mit nichts als einem Koffer und mehr oder weniger guten Sprachkenntnissen.

Sich ein Leben in einem fremden Land aufzubauen ist als ob man in einen trüben See springen würde, dessen Tiefe man nicht abschätzen kann, doch wer den Sprung nicht wagt wird es niemals herausfinden.

 



 






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